Wenn man sich ein Bild über die italienischen Emigranten in Deutschland, das leider nicht ermutigend ist, machen möchte, zeigt sich die Lage der Frauen als zusätzlich benachteiligt. Dies hat verschiedene Gründe. Die Frauen stellen 41% der italienischen Emigration dar, da in den ersten Jahren hauptsächlich nur Männer kamen. Dieser Ausschluss und die Tatsache, dass Frauen später kamen, erklärt warum in den Vereinen und Repräsentanzen der italienischen Emigranten die weibliche Anwesenheit sehr gering ist, was kaum Einfluss auf die wichtigen Entscheidungen mit sich bringt. Spezifische Probleme finden kein adäquates Echo, da es scheint, dass die Männer kein Interesse daran haben, eine Veränderung der Rollen innerhalb der emigrierten Familien zu fördern. Diese basieren auf Modellen, die in der ursprünglichen Gemeinschaft von vor 30-40 Jahren noch galten und die keine erzieherische Vorbereitung auf Unabhängigkeit für die Töchter erzielen, sondern die alte „elastische“ Rolle als Stütze der Familie, falls dies finanziell notwendig wird, verfolgen.
Infolgedessen werden die Mädchen, trotz besserer, schulischer Leistungen zu wenig angesehenen Berufen angeleitet, und man investiert kaum in ihre Ausbildung. So geschieht es, dass in Hessen z. B. nur 27% der Italienerinnen offiziell beschäftigt sind, während eine höhere Zahl von ihnen vermutlich in kleinen Familienbetrieben (Gastronomie, Eissalons), deren Besitzer Männer sind, schwarz arbeitet, oder putzen geht. Das Wenige, das man in die berufliche Qualifizierung der Mädchen investiert, begrenzt sich auf typisch weibliche Berufe wie: Friseurin, Verkäuferin, Sekretärin, Arzthelferin, Fremdsprachenkorrespondentin (für die Besten). Berufe, die wie Sand am Meer auf dem Markt zu finden sind. Hinzu kommt die private Belastung der Frauen mit Kindern, die es in Deutschland besonders schwer haben: die Kindergartenplätze sind nicht ausreichend, Ganztagsschulen gibt es in sehr begrenzter Zahl, die Schüler werden zu jeder Zeit nach Hause geschickt, wenn die Lehrerin/der Lehrer fehlt. Solche Probleme bleiben nur den Frauen überlassen. Sie haben enorme Schwierigkeiten Betreuungsstrategien zu entwickeln, die für alle Frauen notwendig sind, die außerhalb der Familie arbeiten wollen. In diesem Zusammenhang spürt man deutlich des Fehlen einer funktionierenden, italienischen Gemeinde, wie sie sich nur in solchen Gebieten gebildet hat, in denen Autofabriken mit einer hohen Zahl italienischer Arbeiter – siehe Wolfsburg (VW) oder Rüsselsheim (Opel) – zu finden sind.
In Frankfurt am Main , wo 16500 Italiener leben, leben die meisten Familien isoliert, besuchen Freunde und Verwandten sehr selten und heiraten meistens Kinder anderer Italiener.
Der Bedarf eines Netzes unter Emigrantinnen, die die gleiche Sprache und die gleichen Probleme teilen aber ein einsames Dasein führen, sei es, weil sie in das Haus oder in Familienbetriebe verbannt werden, sei es, weil sie durch das Fehlen eines italienischen Viertels sprachlich isoliert sind, wird immer offensichtlicher. Wenn dieses Netz existieren würde, wäre es einfacher, die Voraussetzungen einer Kommunikation auch in der deutschen Sprache zu schaffen, was nicht zuletzt eine wirkungsvollere Integration in solchen Gebieten garantieren würde.
Es ist eine Tatsache, dass die Integration einer „Comunity“ in einem fremden Land von den Frauen vorangetrieben wird, weil sie die besten „Sozialisierungsagenten“ sind. Aber um dies zu realisieren, müssten sie ein Minimum an Infrastrukturen haben und benutzen, welche in Deutschland, gerade, weil die italienische Emigration ziemlich jung ist, nicht vorhanden oder ungenügend sind.
Ein Schritt in diese Richtung zeichnet sich dadurch ab, dass sich Frauengruppen bzw. Netze von Frauen, die in den Bereichen der Emigration tätig sind, gegründet haben, trotz den Schwierigkeiten, die auf der Tatsache beruhen, dass man sich nicht kannte.
Unter Berücksichtigung dieser kurzen Analyse schlagen wir Folgendes vor:
- die Erweiterung des Netzes unter allen Frauen, die im Bereich der italienischen Emigration in Deutschland arbeiten, damit die soziale Fürsorge, die ärztliche und rechtliche Betreuung, die schulische, kulturelle und berufliche Förderung zu Gunsten der italienischen Emigrantinnen wirksam wird
- ein Projekt, welches – unter Verwendung der Fachkenntnisse und der Netze der in deutschen Universitäten tätigen Italienerinnen – die Gründung einer nach Geschlechter und Alter getrennten Datenbank über den Bestandteil der italienischen Zuwanderer vorsieht, um den wirklichen Bedarf und die Dringlichkeitsstufe des Einzelnen festzustellen.
Diese Datensammlung würde nicht nur einen allgemeinen Überblick der italienischen Emigration in Deutschland liefern, sondern wäre sie auch eine große Hilfe für die Erstellung eines Programms, das die Gründung von Projekten zu Gunsten der Frauen fördern würde. In diesem Sinne haben wir Frauen aus verschieden Universitäten (Frankfurt, Dresden, Berlin) kontaktiert, die seit langem ihre Forschungen über in Deutschland lebende Ausländer betreiben und ihre Bereitschaft zur Kooperation signalisiert haben.